Ortsgeschichte

Ortsgeschichte von Plattenhardt

Plattenhardt 

Der Name Plattenhardt, früher "Blatinhart", was eigentlich platter, ebener Wald bedeutet, sowie seine Lage an der Schönbuchkante ermöglicht uns, die Gründung des Orts zeitlich einzuordnen. Man kann sie der so genannten "jüngeren Ausbauzeit" bzw. "Rodungszeit", ab dem 10. Jahrhundert zurechnen. Die Bevölkerung war damals gezwungen, neue Siedlungen in weniger günstigen Lagen zu gründen, um dem immer stärker werdenden Siedlungsdruck entgegenzuwirken.
 
 
Der Name Plattenhardt selbst wurde 1269 erstmals urkundlich erwähnt. In dieser Urkunde bestätigt Ritter Diepold de Blatinhart, ein Verwandter der Herren von Bernhausen, die Schenkungen des Wolfelin von Bonlanden an das Kloster Bebenhausen. Als ein Herrschaftssitz der Herren von Bernhausen, die auf Seiten des deutschen Königs standen, wurde der Ort 1287 im Krieg zwischen dem Grafen von Württemberg und König Rudolf von Habsburg zerstört. Der Ort kam zusammen mit der Stadt Waldenbuch, Obersielmingen, dem abgegangenen Ort Diemarsweiler und anderen Orten an die Herzöge von Urslingen und gelangte durch Verkauf am 14. September 1363 an die Grafen von Württemberg.
 

Zur baulichen Entwicklung

"Grad so lang wie Blattert", dieses auf den Fildern geflügelte Wort charakterisiert Plattenhardt als Straßendorf, wobei sich der älteste Teil Plattenhardts haufendorfartig um die Kirche (im Bereich Kirchstraße und Pfarrstraße) gruppiert. Nahe Plattenhardt befanden sich zwei Weiler: im Norden - Richtung Stetten - "Diemarsweiler", (erstmals 1264, zum letzten Mal 1363 urkundlich erwähnt), südlich des Ortes, Richtung Bonlanden, der ehemalige Weiler "Reute", worauf bis heute der Plattenhardter Straßenname "Reutestraße" hinweist. In diesem Namen steckt ein Hinweis auf die durchgeführten Rodungstätigkeiten zur Urbarmachung des ehemaligen Waldgebiets, denn "Reute" steht für "Rodung".
 
Plattenhardt hat sich wahrscheinlich seit dem späten Mittelalter entlang der Schönbuchkante ausgedehnt. Es entstand ein durch seine Lage bedingtes Straßendorf. Zunächst orientierte sich die Bautätigkeit in Richtung Norden. Als Zeugen sind hier der "Schnecken" mit seinem Treppenturm aus der Renaissance zu nennen, sowie der in den 70er-Jahren abgebrochene "Seyserhof". Aber bereits auf der Kieserschen Forstkarte von 1683 ist zu sehen, dass sich das Dorf damals bereits sehr stark nach Süden ausgedehnt hatte.
 
Erst ab der Jahrhundertwende wuchs Plattenhardt in Richtung Bernhausen, nach dem Zweiten Weltkrieg auch in Richtung Bonlanden und Weilerhau. Die Bewohner Plattenhardts waren wegen der großen Bevölkerungsdichte und den schlechteren Böden relativ arm. 1895 besaßen über 70 Prozent der Bauern weniger als 2 Hektar Land. Als Hauptnahrungsquelle bezeichnet die Oberamtsbeschreibung von 1851 zwar die Landwirtschaft, die Bewohner mussten sich jedoch ständig nach zusätzlichen Erwerbsquellen umsehen, so sind bereits 1851 über 100 Maurer genannt, die "den Sommer über meistens in Stuttgart arbeiten". Auch Saisonarbeit in weiter entfernt liegenden Städten war üblich.
 
Die Zahl der Bauhandwerker (Maurer, Gipser, Plattenleger) in Plattenhardt nahm durch den Bau der Filderbahn 1897 stark zu. Besonders in der heutigen Hohenheimer Straße entstanden in jener Zeit viele Arbeiterhäuser. Der Schritt zur Auspendlergemeinde vollzog sich in Plattenhardt früher als in den Nachbarorten. In den 20er und 30er-Jahren gelang die Ansiedlung einzelner Industriebetriebe, die u.a. Textilien herstellten. Während die Männer hauptsächlich auswärts arbeiteten, konnten Frauen in den ortsansässigen Fabriken Arbeit finden.
 
Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs die Bevölkerung beträchtlich, sie stieg vor allem seit den späten 50er-Jahren, nämlich zwischen 1950 und 1974 um 101 Prozent, zwischen 1975 und 1998 um 32 Prozent.

 

Zeittafel zur Geschichte von Plattenhardt  

Zwischen 800 und 500 v. Chr. Entstehung der keltischen Hügelgräber im Weilerhau. Heute sind noch knapp 23 Grabhügel erhalten. Ein Teil wurde 1830 ausgegraben.

200 n. Chr. Römischer Gutshof in Plattenhardt auf dem Gelände von Uhlbergstr. 82. 1878 wurde ein Altarstein mit den Göttinnen Viktoria mit Kranz und Palmzweig sowie Diana mit Pfeil und Bogen gefunden. Original im Limesmuseum Aalen, Kopie im Heimatmuseum Bonlanden.

Zwischen 1050 und 1100 Bau der ersten Kirche von Plattenhardt, die Fundamente wurden 1964 freigelegt und befinden sich unter dem Chor der Antholianuskirche.

1269 Erste Erwähnung des Namens Plattenhardt. Erwähnt wurde der Ritter Diepold von "Blatinhart", er war der bedeutendste Angehörige der Herren von Bernhausen, nannte sich nach seiner Burg in Plattenhardt. Seine Burg befand sich vermutlich auf dem Wiesenstück Ecke Panorama-/Römerstraße. Diepold fiel 1286 im Kampf zwischen dem deutschen König Rudolf von Habsburg und den Grafen von Württemberg (auf Seiten des Königs).

1287 Burg und Dorf Plattenhardt werden vermutlich durch die Grafen von Württemberg niedergebrannt, die Burg wurde daraufhin nicht wieder aufgebaut.

14. Jahrhundert Die zwei in unmittelbarer Nähe von Plattenhardt liegenden Orte Diemarsweiler (zwischen Plattenhardt und Stetten, erstmals 1264 erwähnt) und Reute (vgl. Reutewiesental, Reutestraße) werden (vielleicht wegen der Pest 1348) verlassen. Die Bewohner lassen sich in Plattenhardt nieder.

1363 Plattenhardt kommt durch Verkauf an die Grafen von Württemberg.

1383 Erwähnung von Weinbau im Bechtenrain

1404 Plattenhardt wird eine selbstständige Pfarrei (bisher Filiale von Bernhausen).

1417 Erste Erwähnung der Unteren Kleinmichelesmühle im Siebenmühlental.

15. Jahrhundert Entstehungszeit der Sühnekreuze in der Mörikestraße.

1479/80 Bau des (heutigen) gotischen Kirchengebäudes.

1508 Die Glocke der Plattenhardter Kirche, gleichzeitig die älteste (datierte) von Filderstadt, wird durch Jos Eger in Reutlingen gegossen.

1534 Einführung der Reformation; die Heiligenfigur des heiligen Antholianus wird eingemauert, da Heiligenbilder in der Reformation verboten werden.

1553 Bau des "Schnecken", heute eines der schönsten historischen Gebäude in Plattenhardt.

1573 Erstmalige Erwähnung eines Lehrers (Johann Weinmann) und damit einer Schule in Plattenhardt.

1635 372 Menschen sterben an der Pest im Dreißigjährigen Krieg; der Pestfriedhof befand sich an der Ecke Uhlbergstraße /Schulstraße.

1709 Bau der Oberen Kleinmichelesmühle (Inschrifttafel am Eingang).

1723 Inschrift des Pfarrhaus-Brunnens, des ältesten Brunnentrogs von Filderstadt.

1770 Erstmalige Erwähnung pietistischer "Privatversammlungen"

1788 Plattenhardt gehört zu den drei Gemeinden in Württemberg mit den meisten Apfel- und Birnensorten.

1817 54 Plattenhardter wandern nach Russland (vor allem Elisabethtal) aus.

1821 Jacob Brodbeck, der spätere Flugpionier, wird in der Kirchstraße 26 geboren.

1828/29 Friedrich Theodor Vischer, der spätere Philosoph und Ästhetiker, predigt als Theologiestudent insgesamt acht Mal in Plattenhardt

1829 Eduard Mörike ist für ein halbes Jahr Vikar in Plattenhardt, er verlobt sich mit Luise Rau, der Tochter seines verstorbenen Vorgängers.

1830 Ausgrabung der keltischen Grabhügel im Weilerhau durch Eduard Paulus d.Ä.

1836 Anlegung des neuen Friedhofs.

1844 Bau eines Gemeindebackhauses.

1847 Nervenfieber-Epidemie, der 22 Personen zum Opfer fallen.

1849 Einrichtung der ersten Kleinkinderschule, die aber bald wieder eingestellt wird.

1851 In Plattenhardt werden über 100 Maurer erwähnt, die während des Sommers auswärts arbeiten.

1861 Sofie Rinker wird Lehrerin in Plattenhardt, eine der ersten fünf Lehrerinnen in Württemberg.

1865 Jacob Brodbeck aus Plattenhardt unternimmt in Fredericksburg/Texas Flugversuche mit einem selbst gebauten Propellerflugzeug. Er gilt als "Father of US-Aviation.”

1867 Bau des Schulhauses (Kirchstr. 4) durch Christian von Leins, dem Erbauer des Stuttgarter Königsbaus. Zuvor standen an der selben Stelle zwei kleinere Schulhäuser.

1868 Gründung des Liederkranzes Plattenhardt, des ältesten noch existierenden Vereins von Plattenhardt.

1870 Gründung einer Orts- und Jugendlesebibliothek durch Pfarrer Kriech.

1877 Bau einer "Kinderschule" (= Kindergarten), finanziert wird sie durch Spenden, vor allem durch Marie von Kiderlen-Wächter, einer Bankierswitwe aus Stuttgart. Plattenhardt hat damit den ältesten Kindergarten von Filderstadt.

1878 Ausgrabung eines römischen Zweigöttersteins beim Gebäude Uhlbergstr. 82.

1878 Adam Bürkle aus Plattenhardt gründet in Arkansas/USA eine Siedlung, die zwei Jahre später den Namen Stuttgart erhält.

1879 Einrichtung einer Postagentur in Plattenhardt, von der aus (bis 1906) auch Bonlanden versorgt wird.

1885 Gründung einer Krankenkasse für Plattenhardt und die benachbarten Orte durch mehrere Arbeiter.

1885 Gründung einer Agentur der Landessparkasse.

1887 erstmals Erwähnung eines Arbeitervereins Plattenhardt.

1890 Forstwart Digel erstellt ein Aussichtsgerüst aus Holz auf dem Uhlberg.

1891 Der in die USA ausgewanderte Martin Bürkle aus Plattenhardt veröffentlicht Sagen aus Plattenhardt. Damit ist Plattenhardt der einzige Ort auf den Fildern, von dem eine größere Zahl von Sagen überliefert ist.

1892 Gründung des Darlehenskassenvereins (= Vorläufer der Plattenhardter Bank), der ältesten Volksbank von Filderstadt.

1895 Gründung des Turnvereins.

1897 Fertigstellung der Filderbahnstrecke Möhringen — Neuhausen, allerdings befindet sich der nächste Bahnhof in Bernhausen. Viele Plattenhardter nutzen die Möglichkeit, als Bauhandwerker in Stuttgart zu arbeiten, aber weiterhin in Plattenhardt zu wohnen. Bis zur Einführung des Acht-Stunden-Tags 1918 sind es aber überwiegend Wochenend-Pendler.

1900 Gründung einer Ortsgruppe des Schwäb. Albvereins.

1903 Bau des (alten) Uhlbergturms aus Holz durch die Ortsgruppe Stuttgart des Schwäbischen Albvereins. Dieser Turm wird das Ziel zahlreicher Sonntags-Ausflügler aus Stuttgart.

1905 Gründung des Kirchenchors, der allerdings bald wieder aufhört, aber seit 1911 kontinuierlich besteht.

1906 Plattenhardt wird an die Filderwasserversorgung angeschlossen, d.h. an Stelle der Brunnen trat die Wasserleitung. Das Wasser wurde dem Neckar bei Neckartailfingen entnommen und auf die Filder gepumpt. Heute wird Plattenhardt durch die Bodenseewasserleitung versorgt.

1907 Die Untere Kleinmichelesmühle wird von einer Mahlmühle zu einer Sägemühle umgewandelt.

1911 Gründung eines Konsumvereins.

1911 Gründung des Radfahrervereins "Pfeil".

1911 Dr. Julius Rauscher wird Pfarrer von Plattenhardt, er wird später als Kirchenhistoriker und Leiter des Landeskirchl. Archivs bekannt.

1912 Fertigstellung der Schillerschule (heute Kunstschule), Schulstr. 13.

1912 Der Lehrer Martin Lang veröffentlicht "D'Fuirwehr vo Plattenhardt", eine wenig schmeichelhafte Geschichte, die aber Plattenhardt im ganzen Land bekannt macht.

1913 Plattenhardter Wilderer erschießen den Forstpraktikanten Klingler auf dem Betzenberg.

1914 Plattenhardt erhält den Anschluss an die Elektrizität.

1925 Erste Buslinie in Plattenhardt (Johannes Raichle), d.h. die Plattenhardter müssen nicht mehr zu Fuß oder per Fahrrad zum Bahnhof Bernhausen, sondern haben erstmals ein direktes Verkehrsmittel nach Stuttgart.

1925 Gründung des Musikvereins "Freiweg".

1925 Anschluss der Gemeinde an das Gasnetz.

1925 Bau des Fabrikgebäudes Müller & Schneider (expressionist. Stilelemente), heute Domberger, Uhlbergstr. 36-40.

1927 Otto Fügel beginnt als einer der ersten auf den südlichen Fildern mit einem Taxi-Unternehmen.

1928 Gründung der Fahrrad-Werkstatt Ruck, die auch Fahrräder selbst herstellte (Marke "Schwalbe").

1929/30 Die Uhlbergturnhalle wird in Eigenleistung durch den Arbeiter-Turn- und Sportverein erbaut.

1930 Eröffnung eines Freibads im Siebenmühlental bei der Burkhardtsmühle.

1930 Die geplante Weiterführung der Straßenbahn von Echterdingen nach Plattenhardt wird wegen der Weltwirtschaftskrise verschoben, sie hätte gebaut werden sollen, sobald sich die wirtschaftliche Situation bessern würde.

1930 Das Evang Mädchenwerk kauft ein Haus in der Stuttgarter Straße und richtet darin als "Sonnenhaus" ein Heim für Mädchen-Freizeiten ein.

1931 Bau der Goetheschule.

1933 Machtergreifung durch die Nationalsozialisten: In Plattenhardt bedeutet dies das Verbot von acht Vereinen, die der Arbeiterschaft nahe stehen, der Rücktritt oppositioneller Gemeinderäte und die Verhaftung politischer Gegner.

1933 Umbenennung der Schillerschule in Adolf-Hitler-Schule, der Goetheschule in Mergenthaler-Schule und der Schule in der Kirchstr. 4 in Hindenburgschule.

1934 Gründung der Gummischraubstollen-Fabrik Müller & Schneider. Die Firma produziert in der Uhlbergstraße, 1953 zieht sie an den Ortsrand.

1934 Gründung einer Milchverwertungsgenossenschaft.

1937 Der Plattenhardter Pfarrer Willy Heintzeler wird wegen seiner mutigen Haltung gegen das NS-Regime nach Pfaffenweiler im Schwarzwald strafversetzt.

1945 - 1949 Rund 650 Heimatvertriebene, vor allem aus Ungarn, Bessarabien und der Tschechoslowakei, werden in Plattenhardt untergebracht.

1950 Hermann Knapp wird Pfarrer von Plattenhardt.

1952 Restaurierung des spätgotischen Kruzifixes der Plattenhardter Kirche.

1954 Dieter Illig wird Bürgermeister.

1954 Beginn des Baus der Kanalisation.

1955 Martin Lang, Verfasser der "Fuirwehr vo Plattenhardt" stirbt im Alter von 72 Jahren.

1957 Bau der Mörikeschule, heute ist hier die VHS untergebracht.

1957 – 1962 Auf der Windhund-Rennbahn Auf der Heid (Gelände beim heutigen Altenheim St. Vinzenz) finden regelmäßig Rennen statt, auch Europameisterschaften.

1957/58 Aufführung von "Der Liebe süßer Zauber" von Emil Kübler über die Zeit von Eduard Mörike in Plattenhardt.

1958 Einrichtung der katholischen Pfarrei Bonlanden/Plattenhardt.

1959 Gründung eines DRK-Ortsvereins.

1962 Fertigstellung des (neuen) Uhlbergturms.

1966 Fertigstellung der Weilerhauschule mit Kleinschwimmhalle.

1968 Errichtung eines 65 m langen Geschäftshauses im Ortskern an Stelle des Seyserhofs und der Zehntscheuer

1969 Plattenhardt feiert seine 700-Jahr-Feier mit einem Heimatbuch und einem großen Festumzug.

1969 Einweihung der Friedhofskapelle.

1971 Einweihung des neuen Plattenhardter Rathauses in Anwesenheit von Lothar Späth.

1971 Zusammenlegung der Hauptschulen von Bonlanden und Plattenhardt als Nachbarschaftsschule.

1975 Plattenhardt verliert seine Selbständigkeit im Zuge der Gemeindereform. Das Plattenhardter Rathaus wird Sitz der technischen Ämter sowie des Baubürgermeisters.

  

Bevölkerungsentwicklung von Plattenhardt

 

Jahr

Einwohner

1477

ca. 216

1603

ca. 600

1634

ca. 680

1655

ca. 255

1661

333

1703

540

1802

1.115

1847

1.480

1900

1.600

1925

1.838

1939

2.060

1950

2.766

1961

3.633

1970

4.914

1987

6.549

2003

8.084

  

Mörike in Plattenhardt  

Der Dichter Eduard Mörike (1804-1875) verbrachte nach seinem theologischen Examen 1826 "sieben magere Jahre der Vikariatsknechtschaft", wie er es rückblickend in seinen Lebenserinnerungen nannte. Eine dieser Stationen bildete Plattenhardt, wo er vom 19. Mai bis zum 13. Dezember 1829 seinen Dienst versah. Er hatte als Pfarrverweser die Stelle des im Februar 1829 verstorbenen Gottlieb Friedrich Rau zu versehen. Die Witwe und ihre Töchter, darunter auch Luise, hatten noch Wohnrecht im Haus. Erst im November 1829 erfolgte der Umzug der Familie Rau nach Grötzingen.

Bereits im August desselben Jahres verlobte sich der junge Mörike mit der 23-jährigen Luise Rau, die er "das süßeste Glück seines Lebens" nannte. Von Mörike sind insgesamt 69 Briefe an Luise Rau erhalten. Allerdings ging die Beziehung 1833 in die Brüche.

Von Mörike ist eine Zeichnung überliefert, die seinen Blick aus dem Fenster des Pfarrhauses zu Rathaus und Kirche darstellt. Im Stadtarchiv befinden sich vier Schriftstücke mit Mörike-Unterschriften, hier handelt es sich um Routinevorgänge im Pfarramt wie Abendmahlsstatistik, Reparaturen etc. Im Museum befindet sich ein Stück einer Glasscheibe, in der Mörike und einige Gäste ihre Namen eingeritzt haben.

Die Plattenhardter Zeit endete im Dezember 1829 als Mörike auf die "Pfarr-Gehülfen-Stelle" in Owen versetzt wurde.

  

Die Plattenhardter Sagen  

Plattenhardt besitzt als einziger Ort auf den Fildern eine größere Sammlung von lokalen Sagen. Zu verdanken ist dies dem Plattenhardter Auswanderer Martin Bürkle, welcher 1891 in Ohio/USA die Sagen aus der Erinnerung niedergeschrieben und damit der Nachwelt erhalten hatte. Das Büchlein trug den Titel "Orts-Chronik von Plattenhardt, Württemberg. Im örtlichen Dialekte. Verfaßt aus dem Gedächtniß nach 31-jähriger Abwesenheit”. Im Heimatbuch Plattenhardt sind die folgenden der 15 Sagen (in Hochdeutsch) nacherzählt:

 - Die Steinkreuze

- Der böse Mann vom ”Schnecken”

- Die Edelfrau vom ”Schopf”

- Der Haugeist im Bildhau

- Das ”Dätschlerna Weible

- Die Schlacht im Schlatt

 Allerdings sollte der Aussagewert für die Ortsgeschichte nicht überschätzt werden. Im 19. Jahrhundert (vor allem in der Romantik) glaubten viele, in den angeblichen uralten Sagen ein Stück germanischen-deutschen Volkscharakter finden zu können. Demgegenüber soll es aber im 19. Jahrhundert so manchen Volksschullehrer gegeben haben, welcher Geschichten und Episoden aus Ritter- oder anderen historischen Romanen seinen Schülern mit dem entsprechenden Lokalkolorit erzählt hat. Ihre Schüler tradierten diese Geschichten als ”uralte Sagen” ihres Dorfes weiter.

Im Übrigen lassen sich auch viele Märchen der Brüder Grimm auf konkrete literarische Vorbilder zurückführen. Die Gewährsleute, welche ihnen diese angeblich ”uralten” Märchen berichteten, waren Nachfahren von aus Frankreich nach Hessen eingewanderten Hugenotten. Aus diesem Grund haben viele der Grimm'schen Märchen ihre Vorlagen in französischen Kunstmärchen des 16. und 17. Jahrhunderts.

 Literatur:

Klaus Graf: Sagen rund um Stuttgart. Karlsruhe 1995. Enthält auch eine kritische Einleitung zur Problematik der Sagen).

  

Die Steinkreuze in der Mörikestraße  

Eine Sage berichtet von der Entstehung der Steinkreuze.

Einst wohnte in dem Schloss zu Plattenhardt, das sich im Laile befunden haben soll, ums Jahr 1100 ein Ritter von Bernhausen, der durch seine Grausamkeit und Rücksichtslosigkeit gegenüber seinen Untertanen weit und breit bekannt war. Er hatte sieben Söhne. Sechs von ihnen schlugen in ihrer Rohheit ihrem Vater nach; nur der siebte, der ein frommes Gemüt hatte, machte eine Ausnahme und wandelte nicht in den Fußstapfen seines Vaters. An Mut gab er aber seinen Brüdern nichts nach und in der Führung der Waffen übertraf er sie sogar an Gewandtheit. Als einst der Burggraf von Neuffen ein Turnier veranstaltete, kamen die Ritter der ganzen Umgebung, um ihre Kräfte im friedlichen Wettstreit zu messen; winkte doch dem Tapfersten als Lohn der Siegerkranz aus den Händen des schönen Burgfräuleins. Als Sieger aus den Kampfspielen ging der jüngste Sohn des Ritters von Bernhausen hervor. Das erregte aber den Neid der Brüder, und sie beschlossen, ihn auf dem Heimweg umzubringen. Ganz nahe der Heimat, an der Linde, wollten sie Hand an ihn legen. Er wehrte sich tapfer und schlug drei seiner Brüder nieder. Der Vater schaute von seinem Fenster aus dem Kampfe zu und schickte den Schlosskaplan hinunter, um den Streit zu schlichten. Ein verfehlter Streich streckte auch ihn nieder, und im weiteren Verlauf entledigte sich der jüngere Bruder vollends der Angreifer. Aber am Schluss sank auch er totwund auf der Walstatt nieder. Zur Erinnerung an den Bruderkampf errichtete man sieben Steinkreuze für die Brüder und ein größeres für den Kaplan.

(Nacherzählt von Siegfried Michel)

 

Was bedeutet ”Sühnekreuze” ? Im Mittelalter war die offene Kampfansage und private Vergeltung von Unrecht, vor allem in Form von Blutrache weit verbreitet, was zu unübersehbaren Folgen führen konnte. Das heißt, die Angehörigen eines Opfers rächten sich am Täter, dessen Angehörige sich dann wiederum rächten usw.

Um diesen Teufelskreis endloser Familienfehden zu durchbrechen, bemühte sich sowohl die weltliche Obrigkeit als auch die Kirche, dass zwischen Täter- und Opferfamilie Vereinbarungen getroffen wurden. Es wurde also ein so genannter ”Sühnevertrag” mit umfangreichen Sühneleistungen geschlossen.

Der Täter musste beispielsweise die folgenden Auflagen erfüllen:

- finanzielle Zahlung an die Angehörigen des Opfers (so genanntes ”Wergeld”)

- Bezahlung von mehreren Seelenmessen für das Seelenheil des Opfers

- eventuell eine Wallfahrt zur Buße

- schließlich die Stiftung eines Sühnekreuzes an einer deutlich sichtbaren Stelle, vielfach war dies an einer Straße.

In einigen Fällen konnte die Entstehung eines Sühnekreuzes durch die Auffindung eines Sühnevertrags bestätigt werden. Von den Plattenhardter Steinkreuzen fehlen hingegen jegliche Verträge.

Verfassungsgeschichtlich ist interessant, dass die Abschaffung der privaten Vergeltung ein Schritt in Richtung des so genannten ”Gewaltmonopols” des Staates bildete, im Laufe von Jahrhunderten gelang es dem Staat, das alleinige Recht Verbrechen zu bestrafen, an sich zu ziehen.

Leider hat der Bestand an Steinkreuzen in den letzten Jahrzehnten dramatisch abgenommen. Durch den Ausbau bzw. die Verbreiterung von Straßen sind seit 1945 rund 200 Steinkreuze in Baden-Württemberg verloren gegangen, allein im Kreis Esslingen waren es 19 Kreuze, gegenüber 25 noch bestehenden. So verschwand beispielsweise um 1970 auch ein Steinkreuz bei Harthausen an der Straße nach Grötzingen.

 Literatur:

Bernhard Losch: Sühne und Gedenken. Steinkreuze in Baden-Württemberg. Ein Inventar. Stuttgart 1981. (Forschungen und Berichte zur Volkskunde in Baden-Württemberg Bd. 4)

  

Der ”Schnecken” – Sage und Baugeschichte

 Das giebelständige Hauptgebäude wurde 1553 erbaut, wie durch eine Jahresring-Untersuchung der verwendeten Holzbalken ermittelt werden konnte.

Im Jahr 1579 wurde ein nördlicher Anbau angefügt, der möglicherweise als offene Schmiede mit einer darüber liegenden Wohnung genutzt wurde. Eine Jahresring-Untersuchung der Holzpfeiler ergab, dass sie aus der Erbauungszeit von 1577/78 stammen. Die Jahreszahl ”1754” scheint erst später eingefügt worden zu sein.

Die Besonderheit besteht vor allem in der Wendeltreppe (dem so genannten ”Schnecken”). Diese Wendeltreppe stammt aus dem 15. Jh., was sich aus dem Schmuck am Portal (so genannter Eselsrücken) schließen lässt. Fachleute gehen davon aus, dass es sich um eine Zweitverwendung handelt, d. h. dass diese Wendeltreppe also aus einem anderen Gebäude nach hierher versetzt wurde.

Als offene Frage bleibt allerdings: Wo stand ein solches schmuckvolles Gebäude, welches um 1580 verschwand, in Plattenhardt oder in der näheren Umgebung ?

Im Rahmen der Ortskernsanierung Plattenhardt war geplant, das Gebäude abzubrechen. Auf Intervention des Heimatvereins und verschiedener Plattenhardter Gemeinderäte wurde jedoch eine baugeschichtliche Untersuchung in Auftrag gegeben, außerdem fand sich ein Investor, der das Gebäude auf eigene Rechnung sanierte.  

Literatur:

Johannes Gromer: Bauhistorische Kurzuntersuchung zum ”Schnecken”, Uhlbergstr. 11 in Filderstadt-Plattenhardt. Oppenweiler 1996. (Im Auftrag des Stadtplanungs- und Hochbauamts Filderstadt)  

Die Sage vom bösen Mann im Schnecken

Im "Schnecken" wohnte ein Ritter, der durch seine Hartherzigkeit gegen die Bevölkerung berüchtigt war. Während einer Hungersnot hatte er als einer der wenigen seine Scheunen noch gefüllt. Als einige der hungernden Dorfbewohner ihn um etwas zu essen baten, ließ er sie an einen gedeckten Tisch setzen - zuvor ließ er ihnen aber Ritterhelme mit geschlossenem Visier aufsetzen, so dass sie am gedeckten Tisch nichts essen konnten. Dann jagte er sie aus dem Haus, auf einen alten Mann hetzte er seine Hunde; der Sterbende rief dem Ritter zu: "Möge Gott so an die Dir handeln wie Du an uns Armen." Zur Strafe verwandelte sich alles Essen, was er in die Hand nahm, zu Stein, so dass er selbst elend verhungern musste.

 

Öffentliche Brunnen in Plattenhardt  

Bis zum Anschluss Plattenhardts an die Filderwasserversorgung 1906 erfolgte die Wasserversorgung ausschließlich durch öffentliche und private Brunnen. Plattenhardt war relativ wasserarm. Der Gemeinderat musste sich häufig mit dem Ausbau von Brunnen befassen. Man unterscheidet Laufbrunnen und Pumpbrunnen. Bei Pumpbrunnen befindet sich der Brunnenschacht, in dem sich das Wasser sammelt ("Brunnenstube") direkt unter dem Brunnen. Bei den Laufbrunnen muss hingegen die Brunnenstube höher liegen, um genügend Wasserdruck zu erzeugen. Aus diesem Grund musste eine aufwendige Wasserleitung gebaut werden, um die Laufbrunnen in der Ortsmitte mit Wasser zu versorgen.

 

Brunnen in Plattenhardt

1. Triefbrunnen
2. Stauchbrunnen*
3. Brunnenstube Hebberg
4. Kronenbrunnen
5. Pfarrhausbrunnen
6. Schmittebrunnen
7. Reutebrunnen
8. Bettelbrunnen
9. Forsthausbrunnen
10. Mülhackerbrunnen*
11. Brunnen Schönbuchstr. 12*
12. Brunnen Mörikestr. 13*
13. Schepperbrunnen*
14. Brunnen Hohenheimer Str. 25*
* heute nicht mehr vorhanden

 Eine große technische Leistung bildet die Brunnenleitung in Plattenhardt, welche die Brunnenstube im Hebberg und die beiden verbliebenen Brunnen an der ”Krone” und den Pfarrhausbrunnen verbindet.

Die Brunnenstube im Hebberg befindet sich unter dem Spielplatz Ecke Hebbergstraße/Nordheimer Straße

Diese bis heute sehr ergiebige Brunnenstube dürfte vermutlich schon über 300 Jahre alt sein. Die Leitung funktioniert bis heute, nachdem sie 1993 ausgebessert wurde, d.h. weder der Kronenbrunnen noch der Pfarrhausbrunnen werden durch Leitungswasser, sondern durch Quellwasser gespeist.

Einst wurden zusätzlich auch der ”Schmitte-Brunnen” (Ecke Uhlberg-/Kirchstraße) sowie der Reutebrunnen (bei der Mörike-Apotheke) gespeist. Der Schmitte-Brunnen existiert heute nicht mehr, die Brunnenleitung zum Reutebrunnen wurde bei Straßen-Bauarbeiten unterbrochen.  

Literatur:

Brunnen, Mühlen und Gewässer. Filderstadt und das Wasser Filderstadt 1999. Filderstädter Schriftenreihe Bd. 11, S. 11-105.

 

Quelle: Stadtarchiv Filderstadt

welcome01502

Direkt zu meinem Online-Shop

[Willkommen] [Persönliches] [Plattenhardt] [Patenkinder] [Funny`s Seite] [Hobby`s] [Kontakt] [Mein Shop] [zum Gedenken] [Gästebuch] [Links] [Impressum]